Im Garten.
Geht er nicht in den Kindergarten? ...Du musst ihn los lassen!"
Er ist 2.
Früher war es normal, dass ein Kind mit 3,4,5 Jahren in den Kindergarten geht. . (Die Diskussion "Was ist eigentlich normal?" lassen wir jetzt mal. Ich meine: Es war üblich.)
Heute ist es nichts Ungewöhnliches, wenn die Kinder mit einem Jahr oder noch früher in die Krippe gegeben werden.
Ich falle, im Gegenteil, auf, weil ich mein Kind (noch) nicht (früh) in Fremdbetreuung gegeben habe. 😯
.
Vor kurzem hat sich HIER (bei Berufungmami) mal wieder jemand -wie ich finde treffend - zum derzeit viel thematisierten Umstand der frühen Fremdbetreuung geäußert.
Zwischen 8 und 18 Monaten passieren wichtige Bindungsprozesse.
Es gibt Studien zum Stresshormonspiegel bei Trennungserfahrungen - die Werte bleiben auch noch lange nach der Stresserfahrung erhöht.
Kleine Kinder sind m. E. n. am besten bei ihren Bezugspersonen aufgehoben. Auch viele ExpertInnen warnen vor einer zu frühen Trennung von Eltern und kleinen Kindern. Gemacht wird es dennoch
häufig ganz anders.
Die Überlegung, Kita oder nicht, ist eine unangenehme Auseinandersetzung, bei der auch die eigenen unerfüllten Bindungsbedürfnisse getriggert werden.
Es ist wie bei der aktuellen Debatte über die Organspende - Ich muss mich jetzt aktiv damit auseinandersetzen. Das kotzt viele Menschen an, weil sie die Frage
nicht länger aufschieben können.
Dadurch, dass es so "normal" geworden ist und es schließlich nahezu alle machen,
scheinen Eltern heute eher dazu bereit zu sein, aufkommende Zweifel beiseite zu schieben. Die Psyche der Betroffenen musste sich womöglich schon früh spalten, da die eigene Bindung auch schon
geschädigt wurde. Das erkennt man daran, dass Eltern, die in ihren gesunden Anteilen sind und sich mit dem unangenehmen Gedanken befassen würden, sich dagegen entscheiden würden, ihr Kind und
seine Erziehung zu großen Teilen Fremden zu überlassen. Aus ihrem gesunden Selbst agierende Eltern wären in der Lage, feinfühlig auf die Bedürfnisse ihrer Kinder zu reagieren und ließen
sich nicht von einem "Da muss er/sie jetzt durch" von der Erzieherin nach Hause schicken, während sie mit dem schreienden Kleinkind zurück bleibt.
Warum scheint unserer Gesellschaft flächendeckend bindungstraumatisiert zu sein?
Das liegt in unserer Vergangenheit begründet. Wir sind die Nachfhren einer im Krieg traumatisierten Gesellschaft. In der Nazizeit sind den Eltern - gerade den
Müttern, waren sie doch für die "Kindererziehung" zuständig - Meinungen, wie "ein Kind ist" und wie es "zu sein hat", eingeschärft worden.
Meinungen, die sich heute hartnäckig halten. "Schreien kräftigt die Lungen"; "Geh nicht sofort hin, sonst wird er dir auf der Nase herum tanzen".
Auch, wie man mit Kindern sprechen solle, wurde vorgegeben.
Man muss bedenken, dass damals nicht im Sinne der Kinder, sondern im Sinne des Staates gehandelt wurde.
Die Eltern sollten dabei helfen, die Kinder hart zu machen ("Ein Indianer kennt keinen Schmerz") und das Zeigen eines eigenen Willens bestrafen. ("Wenn du dich so aufführst, gehen wir nach Hause", ...). Damit sollten schlicht hörige Soldaten herangezogen werden, die tun, was man von ihnen verlangt.
Auch heute noch sind solche Meinungen und Glaubenssätze vorhanden.
Wir hören sie von unseren Eltern, Großeltern, Schwiegereltern, ...
Leider habe ich sie nicht nur von älteren Leuten gehört. Viele junge Eltern heute übernehmen sie ungefragt, in dem Glauben "Meine Eltern/Großeltern haben schließlich schon Kinder großgezogen, die werden es schon wissen".
Leider setzt sich die Traumaspirale durch diese Gutgläubigkeit fort.
Ich wünsche mir, dass mehr Menschen, besonders junge Eltern, mehr auf ihren Bauch als auf andere hören und an ihren Bindungstraumata arbeiten. Sie könnten für -
und über - sich selbst eine Menge lernen, Das könnte zu einem glücklicheren, bewussteren Leben führen. Und wenn sie es schon nicht für sich selbst tun wollen, dann sollten sie es wenigstens für
ihre Kinder tun.
Mir hat geholfen, mich auf den schmerzhaften Weg zu machen, mir über meine eigenen Traumatisierungen mehr und mehr bewusst zu werden. Womöglich habe ich noch viele blinde Flecken, aber ich habe angefangen, daran zu arbeiten und aufgehört, nur zu funktionieren.
Mehrheit ist nicht Wahrheit.
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Marie (Sonntag, 07 Februar 2021 10:00)
Liebe Frau Grabke,
ich kann Ihre Thesen bestätigen und erzähle was ich erlebt habe: von Haus aus bin ich Erzieherin. Habe mit 30 Jahren angefangen Erziehungswissenschaften zu studieren. Gleichzeitig ein eigenes Kind bekommen.
Jedenfalls zog ich mein Studium in die Länge, da ich mir kaum vorstellen konnte in einer Kita zu arbeiten, während mein Sohn in Eine ging.
Der Professor, den ich mir für meine Diplom-Arbeit aussuchte erwies sich als vollkommen überfordert und Realitätsfern:ich bekam Nachts E-Mails zur Korrektur und ich bemerkte zunehmend das er die Handler überwiegend durchfallen ließ.Und ich konnte durchaus beurteilen welche KommilitonInnen gute Handler waren und Welche nicht.Ich ärgerte mich über alle Maßen über Ihn, weil auch er mich fast durchfallen ließ und mit der schlechten Bewertung Vorurteile bei anderen wichtigen Professoren gegen mich beförderte. Ich liess nicht locker und schrieb Ihm einen Brief mit meinem Ärgernis.Seine Antwort:
" Ja, mein Sohn sagt auch ich sei ein Arschloch, ich lasse alle guten Handler durchfallen" Kurze Zeit später veröffentlichte er meine Thesen in seinem Namen und daraufhin ging er in Rente. Ich ging nict dagegen vor, da ich mit mir selbst beschäftigt war. Was er jetzt macht weiß ich nicht.
WARUM ich Ihnen das jetzt erzähle?
Nun, dieser hoch angesehene Professor beriet damals (von knapp 10/11 Jahren) Frau von der Layen, die damalige Familienministerin. Sie (und beratend er) beschlossen damals die Flächendeckene Installierung von Krippen. Ich merkte damals schon, dass das keine gute Idee war. Ich hatte meinen Sohn während meines Studiums sooft ich konnte mitgenommen, anfangs hatte ich Ihn Stundenweise zu einer Tagesmutter gebracht, was mir fast das Herz brach (ja ich bin auch nicht perfekt) Jedenfalls habe ich erst nach dem theoretischen Studium angefangen mich zu heilen in Richtung Bindungstrauma. Alles von Sabine Bode verschlungen, Familienaufstellungen gemacht, Traumatherapie.Mein Sohn ist jetzt 18 Jahre alt, sein Vater und ich freundschaftlich verbunden.Ich habe mein eigenes Trauma einigermaßen aufgearbeitet, ja doch, habe ich!
Heute sehe ich Alles noch klarer und bin entsetzt über das selbstverständliche Weggeben der Kinder unter 3 Jahren. Natürlich ist es nicht komplett verkehrt, aber NICHT in diesem Ausmaß: Horte sind verschwunden, Ganztagsbetreuung an Grundschulen, was nur Aufbewahrung ist. In vielen Krippen wechselt das Personal häufig. Nicht in Allen, aber ich schätze in der Hälfte? Es gibt soweit ich weiß keine speziell ausgebildeten KrippenerzieherInnen oder doch? Damals jedenfalls nicht.
Mittlerweile arbeite ich mit einzelnen traumatisierten Kindern, die idR eine Bindungsstörung haben, das ist die Spitze vom Eisberg.Die Ämter, die Kitas können die Flut nicht bewältigen, Corona spült alles hoch und getan wird doch nicht soviel.
Ich sitze in keiner Machtposition.Damit würde ich mich kaputt machen, aber ich weiß eine Menge über Bindung, (Entwicklungs-)Trauma usw. Sagt Ihnen Johanna Haarer etwas? Ihr Fünftes Kind hat ein Gegenbuch zu Ihrem Klassiker der Nazizeit "Die deutsche Mutter.." geschrieben..
Ich könnte hier noch ewig weiterschreiben, aber ich lasse es für Heute gut sein.
mit verbundenen Grüßen Marie